Ziel der vorliegenden Arbeit ist es zu analysieren, ob intervokalische, ambisyllabische Geminaten in zweisilbigen Wörtern mit Penultima Betonung länger artikuliert werden als Singletons in ähnlichem Rahmen. Zudem wird untersucht, ob die Klassenstufe und folglich das Alter sowie die Artikulationsfähigkeit der Versuchsperson einen Einfluss auf die Dauer der Geminaten hat. Um diese Forschungsziele zu erreichen, wurden sieben Schüler der italienischen Grundschule Hamburg interviewt und aufgezeichnet. Bei den Versuchspersonen handelt es sich um Schüler der ersten, dritten und vierten Klasse, die als Herkunftssprecher einzuordnen sind. Die Sprachproben wurden mit Folker transkribiert und diese Transkriptionen auf passende Wörter hin untersucht. Die Sounddateien wurden in Praat hochgeladen um dann die Konsonantenlänge der ausgewählten Wörter zu messen. Anschließend wurde der Durchschnittswert der Geminaten und jener der Singletons eines jeden Kindes errechnet, bevor die Mittelwerte erneut aufaddiert wurden, um den Gesamtdurchschnitt der Artikulationslängen zu ermitteln. Zudem wurden die letzten Schritte nochmals durchgeführt, jedoch um hier die Mittelwerte für die jeweilige Klassenstufe zu errechnen. Die Studie ergab, dass die Geminaten im Schnitt 0,054 Sekunden länger artikuliert wurden als die Singletons, während die Klassenstufe keinen Einfluss auf die Länge der Geminaten aufweist.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Hintergrund
2.1 Die Phonologische Repräsentation von Geminaten
2.2. Die Forschungsfrage
3. Studie
3.1 Teilnehmer
3.2 Methode
3.3 Daten
4. Ergebnisse
5. Diskussion
6. Fazit
7. Literatur
8. Abbildungen & Tabellen
Abstract
Ziel der vorliegenden Arbeit ist es zu analysieren, ob intervokalische, ambisyllabische Geminaten in zweisilbigen Wörtern mit Penultima Betonung länger artikuliert werden als Singletons in ähnlichem Rahmen. Zudem wird untersucht, ob die Klassenstufe und folglich das Alter sowie die Artikulationsfähigkeit der Versuchsperson einen Einfluss auf die Dauer der Geminaten hat. Um diese Forschungsziele zu erreichen, wurden sieben Schüler der italienischen Grundschule Hamburg interviewt und aufgezeichnet. Bei den Versuchspersonen handelt es sich um Schüler der ersten, dritten und vierten Klasse, die als Herkunftssprecher einzuordnen sind. Die Sprachproben wurden mit Folker transkribiert und diese Transkriptionen auf passende Wörter hin untersucht. Die Sounddateien wurden in Praat hochgeladen um dann die Konsonantenlänge der ausgewählten Wörter zu messen. Anschließend wurde der Durchschnittswert der Geminaten und jener der Singletons eines jeden Kindes errechnet, bevor die Mittelwerte erneut aufaddiert wurden, um den Gesamtdurchschnitt der Artikulationslängen zu ermitteln. Zudem wurden die letzten Schritte nochmals durchgeführt, jedoch um hier die Mittelwerte für die jeweilige Klassenstufe zu errechnen. Die Studie ergab, dass die Geminaten im Schnitt 0,054 Sekunden länger artikuliert wurden als die Singletons, während die Klassenstufe keinen Einfluss auf die Fänge der Geminaten aufweist.
1. Einleitung
Ein typisches Phänomen der italienischen Phonologie/Sprache ist die Existenz von lexikalischen Geminaten. Hierbei handelt es sich um gedoppelte oder auch gelängte Konsonanten, die sich von Singletons durch ihre Eigenschaft, länger gesprochen zu werden, unterscheiden. Geminaten genießen Phonemstatus, da durch das Ersetzen von langen und kurzen Konsonanten ein Bedeutungsunterschied entstehen kann - [fat:o] fatto ,gemacht’ : [ fat:o] fato ,Schicksal’. Im Italienischen sind lediglich acht Konsonanten nicht von dem Längenkontrast betroffen, so sind /j/, /w/ und /z/ immer kurz, während [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] und lázi stets lang auftreten. Geminaten treten vermehrt in zwei Positionen in der Zeitschicht auf, die erste Position ist der Coda, die zweite Position ist der Anfangsrand der darauffolgenden Silbe, wodurch Geminaten als ambisyllabisch gelten, (vgl. Gabriel und Meisenburg 2007). In der vorliegenden Arbeit soll überprüft werden, ob die Artikulationslänge von Geminaten im Italienischen - wie angenommen - signifikant länger ist, als die des Singletons im ähnlichen Rahmen. Des Weiteren soll erforscht werden, ob es zwischen den unterschiedlichen Klassenstufen, einen deutlichen Unterschied der Artikulationslänge gibt. Zu diesem Zweck wird die Konsonantenlänge von italienischen, intervokalischen Geminaten, der von Singletons gegenübergestellt und analysiert. Zunächst wird in dieser Arbeit eine theoretische Einführung gegeben und auf die phonologische Darstellung von Geminaten eingegangen um so Hintergrundinformationen bereitzustellen und zu einer besseren Verständlichkeit der Arbeit beizutragen. In einem weiteren Schritt werden dann die Forschungsfragen dargelegt, bevor im dritten Kapitel der vorliegenden Arbeit die Studie vorgestellt wird. Hier wird zunächst auf die Teilnehmer und die angewandte Methode eingegangen und anschließend die verwendeten Daten dargelegt. In einem weiteren Schritt werden die Ergebnisse der vorangegangenen Studie präsentiert und diese im anschließenden fünften Kapitel diskutiert. Den Abschluss der Arbeit bildet ein Fazit in welchem die vorliegende Arbeit resümiert wird und mögliche Forschungsfragen für weiterführende Arbeiten aufgezeigt werden.
2. Hintergrund
Die Geminate, auch Langkonsonant oder Doppelkonsonant genannt, ist laut Definition ein״meist ambisyllabisch auftretender Konsonant, der sich gegenüber einem anderen Konsonanten [Singleton] nur durch [seine] längere Artikulationsdauer (Quantität) auszeichnet.“(Bußman 2008). Dieser Unterschied ist gerade im Italienischen phonologisch relevant, da er bei Minimalpaaren zu einem Bedeutungsunterschied führt, (vgl. Bußman 2008). So kann am folgenden Beispiel gesehen werden, dass die Existenz der Geminate einen solchen Bedeutungsunterschied zur Folge hat: [fato] fatto ,gemacht’ : [ fato] fato ,Schicksal’ (vgl. Chang 2000).
Neben der hier analysierten lexikalischen Gemination, gibt es noch zwei weitere Formen dieses Phänomens: intrinsische Geminaten (a) sowie das Raddoppiamento fonosintattico [RF] (b)
a) [Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten] treten intervokalisch ausschließlich als Geminaten auf, /ts/ und lázi gelten als Sonderfälle. Diese Konsonanten weisen folglich keinen Längenkontrast auf, ihre Länge im intervokalischen Umfeld gleicht zudem jener der Geminaten. (vgl. Passino 2008)
b) Das RF gibt es in diverse Formen - nimmt man eine Wortl Wort2 Kombination an, kann es den Anfangskonsonanten von Wort2 betreffen, wenn Wortl mit einem betonten Vokal endetdiventò grande־־> [diventò g:rande] ,er ist herangewachsen’, (vgl. Passino 2008) Eine andere Möglichkeit ist, dass Wortl mit dem gleichen Konsonanten endet wie Wort2 und so durch die Aussprache eine falsche Geminate entsteht, an dessen Position ursprünglich eine Wortgrenze liegt: al lido -> [al: ido] ,am Strand’, (vgl. Payne 2005)
Zudem gibt es bei Geminateli auch regionale Unterschiede (vgl. Chang 2000). Während der Norden Italiens zur Degeminierung neigt, kommt es im Süden vermehrt zur Lenisierung (vgl. Payne 2005). Bei der Degeminierung handelt es sich um die Vereinfachung von Doppelkonsonanten, so wird vacca ,Kuh’ im Norditalienischen /vaka/ artikuliert anstatt des Standarditalienischen /vakka/, (vgl. Stevens 2011). Unter Lenisierung versteht man die ״phonetisch motivierte Lautveränderung, die zur Reduktion von Lauten, im Extremfall auch zu Lautverlust führt; [...]“ (Bußmann 2008). Bei der hier erwähnten Konsonantenlenisierung handelt es sich, genauer gesagt, um die ״Abschwächung der Konsonantenstärke durch Reduzierung des Atemdruckes und der Musekelspannung bzw. der Sonorität bis hin zum Lautverlust [...]“ (Bußmann 2008).
Ein weiterer Faktor, mit Auswirkung auf die Gemination, ist die Sprechgeschwindigkeit. Nach Pickett et al. (1999) nimmt die Länge der Geminaten mit steigender Sprechrate ab und auch Tagliapietra und McQueen (2010) folgen der Annahme, dass die Sprechrate zu der Differenzierung zwischen Geminaten und Singletons beiträgt. Zudem gilt die Länge des Vokals vor dem Singleton bzw. der Geminate als weiteres - wenn auch zweitrangiges -Unterscheidungskriterium. Demnach hängt das Verhältnis zwischen der Konsonantendauer und dem vorangehenden Vokal maßgeblich mit der Gemination zusammen (vgl. Giovanardi & Di Benedetto 1998; Zmarich & Gili Fivela, 2005; Tagliapietra und McQueen 2010). Der Vokal vor einem Singleton wird also länger artikuliert, als jener vor der Geminate (vgl. Faluschi & Di Benedetto 2001). Als Beispiel ist hier das /а/ in [fat:o] fato ,Schicksal’ und [fat:o]fatto ,gemacht’ anzuführen, welches vor dem Singleton länger artikuliert wird, als vor der Geminate.
2.1 Die Phonologische Repräsentation von Geminaten
Bezüglich der phonologischen Darstellung von Geminaten gibt es zwei grundlegende Schulen (vgl. Loporcaro 1990). Die Traditionelle (a) sieht Geminaten als zwei identische Segmente, die zu zwei unterschiedlichen Silben gehören und eine Coda-Onset Sequenz belegen (vgl. ebd.). Dieser Schule gehören nach Loporcaro (1990) unter anderem Swadesh (1937), Trubeckoj (1939), Porru (1939), Hall (1948), Muljačié (1972), М10П1 (1973), Bertinetto (1981; 1985), und Vogel (1982) an. Die andere Richtung (b), vertreten von De Gregorio (1935), Romeo (1967), Valesio (1967), Saltarelli (1970), Martinet (1975), Hurch -Tonelli (1982) und Luschützky (1984), sieht Geminaten indes als das genaue Gegenteil an: als einzelne Segmente auf phonologischer Ebene, die durch die Eigenschaft [+gespannt] bzw. [+lang] charakterisiert werden und die Onset-Position der darauffolgenden Silbe belegen, (vgl. Loporcaro 1990) In der Abbildung (1) wird die Silbenverteilung der beiden Schulen zusätzlich schematisch dargestellt:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 1: schematische Darstellung der vertretenen Traditionen (Loporcaro 1990)
Auch heute noch wird die phonologische Repräsentation und die Charakteristika von Geminaten in der Literatur diskutiert.
Chomsky und Halle (1968) haben Singletons und Geminaten durch das Merkmal [ ±lang] unterschieden - dies lässt die Repräsentation beider Traditionen zu. Demnach können Geminaten entweder ein einzelnes Segment mit der Eigenschaft [+lang], oder zwei Segmente mit der Eigenschaft [-lang] darstellen (2).
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. :Geminateneigenschaften nach Chomsky’ & Halle (1968) in Ham (1998)
Diese Arbeit folgt der Annahme, dass der Unterschied zwischen Geminaten und Singletons primär auf ihrer Länge basiert und sieht Geminaten als phonetisch lange, ambisyllabische Konsonanten an, da dies in der aktuelleren Literatur die herrschende Meinung darstellt. (Bertinetto & Loporcaro, 2005; Payne, 2005).
2.2. Die Forschungsfrage
Die vorliegende Arbeit soll folgende Forschungsfragen beantworten:
- Werden intervokalische Geminaten in zweisilbigen Wörtern mit der Betonung auf der vorletzten Silbe signifikant länger artikuliert, als Singletons im ähnlichen Rahmen?
- Liegt ein Unterschied in der Geminatenlänge zwischen den untersuchten Klassenstufen vor und lässt sich so auf eine zu- oder abnehmende Artikulationslänge bei steigendem Alter, respektive, steigenden Artikulationsfähigkeiten schließen?
Zu diesem Zweck wurde die nun folgende Stadie durchgeführt.
3. Studie
3.1 Teilnehmer
Ziel der Studie ist es zu ermitteln, ob Geminaten länger artikuliert werden als Singletons. Zu diesem Zweck wurden sieben 2L1 Sprecher interviewt und die aufgezeichneten Sprachbeispiele systematisch analysiert. Hierbei handelt es sich um Schüler der ersten, dritten und vierten Klasse der italienischen Grundschule in Hamburg, die Deutsch und Italienisch sprechen. Die interviewten Kinder gelten als Herkunftssprecher, das heißt, dass die von Ihnen gesprochene Sprache von den vorherigen Generationen an sie weitergegeben wurde. Ihre Aussprache wird als muttersprachlicher wahrgenommen, als die von L2 Sprechern, jedoch werden sie nicht für LÍ Sprecher gehalten, (vgl. Kupisch et. al. 2014) befinden sich also auf einer Zwischenstufe. Die Kinder des verwendeten Korpus wurden aufgrund der Bandbreite an Klassen- und Altersstufen ausgewählt, um einen möglichst breit gefächerten Datenstamm und somit umfassendere und genauere Ergebnisse zu erhalten. Interviewt wurden die Erstklässler Emilio und Ambra, die Drittklässler Ludovica und Alessandro sowie lorana, Kevin und Danilo aus der vierten Klasse.
Die Schülerinnen und Schüler wurden meist einzeln von einer Interviewerin aufgenommen, sodass jeweils bis zu vierzigminütige Aufnahmen von Spontandaten entstanden sind. In diesen Gesprächen wurden die Kinder zunächst meist zur heimischen Sprachsituation befragt, bevor sie in ein Spiel eingebunden oder aufgefordert wurden, eine Geschichte zu erzählen. Alle Aufnahmen wurden in der Schule gemacht, sodass die Kinder in einem italienischsprachigen Umfeld waren. Die Interviewer haben mit den Kindern zudem ausschließlich Italienisch gesprochen. Zur akustischen Aufnahme der Kinder wurden hochwertige Rekorder genutzt, sodass jedes Detail aufgezeichnet werden konnte und gut verständlich ist.
3.2 Methode
Die gesammelten Daten stammen aus dem deutsch-italienischen Korpus Döhrnstrasse und wurden mithilfe des Programms Folker zunächst transkribiert, bevor die dazugehörigen Sounddateien dann mittels Praat einer detaillierten Analyse der Konsonantenlänge der ausgewähhen Wörter unterzogen wurden. Zunächst wurden die erzeugten Transkriptionen auf die benötigten Geminaten und Singletons hin untersucht und der Zeitpunkt des dazugehörigen Wortes erfasst. Im nächsten Schritt wurden die Sounddateien in Praat transferiert und die ermittelten Sprechzeitpunkte in Sekunden umgerechnet, um anschließend das selektierte Wort auszuwählen und mit Hilfe des Programms die Konsonantenlänge der Geminaten und Singletons im Oszillogramm zu messen. Die nachfolgende Abbildung 3 zeigt ein Beispiel für die Darstellung einer Geminate in Praat, während Abbildung 4 ein Singleton darstelh. Beide Beispiele wurden von Emilio artikuliert.
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