Die Zielsetzung jedes Personalauswahlprozesses ist die Identifikation des „besten“ Kandidaten. Diese „Investitionsentscheidung“ soll - dem ökonomischen Prinzip entsprechend - rational getroffen werden. Es soll unter gegebenen Alternativen diejenige gewählt werden, die die maximale Auszahlung verspricht, i. S. v. Arbeitsleistung und Erfolg. Insbesondere der Auswahl von Führungsnachwuchskräften kommt eine große Bedeutung zu. Der „War for talents“ ist zu einem viel zitierten Begriff geworden, der die Brisanz des Themas beschreibt. Unternehmen entwickeln immer neue Methoden, die Besten für sich zu gewinnen. Die Frage ist nur, wie die Besten tatsächlich identifiziert werden können. Trotz des Einsatzes bewährter Personalauswahlinstrumente kann nicht eindeutig determiniert werden, welche Leistungen ein Unternehmen tatsächlich erhält. In der Literatur wird die Unsicherheit bei Personalauswahlentscheidungen vermehrt unter dem Aspekt ungleich verteilter Informationen der Akteure diskutiert und somit wird ein verstärkter Bezug zur mikroökonomischen Analyse personalwirtschaftlicher Aufgaben hergestellt. Bislang war das Personalmanagement sehr stark durch eine verhaltenswissenschaftliche Ausrichtung gekennzeichnet und von „Ökonomie nur Spurenelemente“ zu finden. Im Zuge der Weiterentwicklung der Mikroökonomie und der Abkehr von der Prämisse vollkommener Märkte, von denen vollständige und kostenlose Informationen angenommen werden, ist der Weg frei für realistischere mikroökonomische Analysen von Märkten, die tatsächlich durch zahlreiche Informationsasymmetrien gekennzeichnet sind. Vor diesem Hintergrund werden Erklärungsansätze, die sich auf Informationsasymmetrien beziehen, auch unter dem Begriff „Informationsökonomik“ zusammengefasst. Im Rahmen dieser Arbeit soll der Prozess der Auswahl von Führungsnachwuchskräften aus informationsökonomischer Sicht analysiert werden. Den theoretischen Bezugsrahmen bildet die Prinzipal-Agenten-Theorie, deren Gestaltungsempfehlungen im Vordergrund stehen. Es soll der Fragestellung nachgegangen werden, ob diese zur Effizienz des Auswahlprozesses beitragen. Dieser Analyse vorangehend sollen die Begriffe Rekrutierung und Führungskraft bestimmt werden. Danach soll die hier fokussierte Gruppe der Führungsnachwuchskräfte zu Führungskräften, insbesondere Topmanagern, abgegrenzt werden. Im Anschluss daran erfolgt eine Erläuterung der Grundzüge der Prinzipal-Agenten-Theorie.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Rekrutierung von Führungsnachwuchskräften
2.1. Begriffsbestimmungen
2.2. Abgrenzung des Themas: Führungsnachwuchskräfte vs. Top-Manager
3. Grundzüge der Prinzipal-Agenten-Theorie
4. Informationsökonomische Analyse des Auswahlprozesses
4.1. Einleitende Erläuterungen
4.2. Das Problem der adversen Selektion
4.3. Gestaltungsempfehlungen der Prinzipal-Agenten-Theorie
4.3.1. Signalling
4.3.2. Screening
4.3.3. Selbst-Selektion und Interessenangleichung
5. Fazit
6. Anhang
7. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Die Zielsetzung jedes Personalauswahlprozesses ist die Identifikation des „besten“ Kandidaten. Diese „Investitionsentscheidung“ soll – dem ökonomischen Prinzip entsprechend – rational getroffen werden. Es soll unter gegebenen Alternativen diejenige gewählt werden, die die maximale Auszahlung verspricht, i. S. v. Arbeitsleistung und Erfolg. Insbesondere der Auswahl von Führungsnachwuchskräften kommt eine große Bedeutung zu. Der „War for talents“ ist zu einem viel zitierten Begriff geworden, der die Brisanz des Themas beschreibt. Unternehmen entwickeln immer neue Methoden, die Besten für sich zu gewinnen. Die Frage ist nur, wie die Besten tatsächlich identifiziert werden können. Trotz des Einsatzes bewährter Personalauswahlinstrumente kann nicht eindeutig determiniert werden, welche Leistungen ein Unternehmen tatsächlich erhält. In der Literatur wird die Unsicherheit bei Personalauswahlentscheidungen vermehrt unter dem Aspekt ungleich verteilter Informationen der Akteure diskutiert und somit wird ein verstärkter Bezug zur mikroökonomischen Analyse personalwirtschaftlicher Aufgaben hergestellt. Bislang war das Personalmanagement sehr stark durch eine verhaltenswissenschaftliche Ausrichtung gekennzeichnet und von „Ökonomie nur Spurenelemente“[1] zu finden. Im Zuge der Weiterentwicklung der Mikroökonomie und der Abkehr von der Prämisse vollkommener Märkte, von denen vollständige und kostenlose Informationen angenommen werden, ist der Weg frei für realistischere mikroökonomische Analysen von Märkten, die tatsächlich durch zahlreiche Informationsasymmetrien gekennzeichnet sind.[2] Vor diesem Hintergrund werden Erklärungsansätze, die sich auf Informationsasymmetrien beziehen, auch unter dem Begriff „Informationsökonomik“ zusammengefasst.
Im Rahmen dieser Arbeit soll der Prozess der Auswahl von Führungsnachwuchskräften aus informationsökonomischer Sicht analysiert werden. Den theoretischen Bezugsrahmen bildet die Prinzipal-Agenten-Theorie, deren Gestaltungsempfehlungen im Vordergrund stehen. Es soll der Fragestellung nachgegangen werden, ob diese zur Effizienz des Auswahlprozesses beitragen. Dieser Analyse vorangehend sollen die Begriffe Rekrutierung und Führungskraft bestimmt werden. Danach soll die hier fokussierte Gruppe der Führungsnachwuchskräfte zu Führungskräften, insbesondere Topmanagern, abgegrenzt werden. Im Anschluss daran erfolgt eine Erläuterung der Grundzüge der Prinzipal-Agenten-Theorie.
2. Rekrutierung von Führungskräften
2.1. Begriffsbestimmungen
Der Begriff Rekrutierung umfasst alle Aktivitäten eines Unternehmens der Personalanwerbung und -auswahl.[3] Es wird unterschieden zwischen interner und externer Rekrutierung. Die interne Rekrutierung zielt auf die Besetzung der Stelle durch einen Mitarbeiter des Unternehmens, während bei der externen Rekrutierung auf unternehmensfremde Kandidaten zurückgegriffen wird. Im Rahmen dieser Arbeit ist ausschließlich die externe Rekrutierung relevant.
Der Terminus Führungskraft wird oft synonym mit den Wörtern Manager oder leitender Angestellter verwendet. Dabei kann er sowohl geschäftsführende Eigentümer bzw. Topmanager umfassen als auch Abteilungsleiter oder Meister.[4] Dies verdeutlicht, dass der Begriff Führungskraft eine große Spannweite hat und Führungspersonen auf unterschiedlichen Hierarchiestufen umfasst. Üblicherweise wird unterschieden in Führungskräfte des oberen bzw. Top-Managements, mittleren und unteren Managements.[5] Nach von Eckhardstein (1971) haben alle Führungskräfte gemeinsam, dass sie innerhalb ihres Handlungs- und Entscheidungsspielraums organisatorisch unterstellte Mitarbeiter zur Erreichung bestimmter Ziele veranlassen.[6] Abgrenzungskriterien zu den „Geführten“ bestehen also in der hierarchischen Position, in der Weisungs- und Entscheidungsbefugnis, in der Personal- u. Sachverantwortung sowie in ihrem tatsächlichen Einfluss auf das Unternehmensgeschehen.[7] Konkretere Definitionen unterscheiden sich dadurch, welches Kriterium in den Mittelpunkt gestellt wird. In der betriebswirtschaftlichen Literatur herrscht eher ein Verständnis von Führungskraft als Angehöriger der Unternehmensleitung und somit wird das Kriterium „Einfluss“ in den Mittelpunkt gerückt.[8] Nach Gutenberg (1979) „...kommt den als Führungskraft bezeichneten Personen die Aufgabe zu, die Unternehmenspolitik und –ziele zu bestimmen, entsprechende strategische Entscheidungen zu treffen sowie die (Rahmen-)Bedingungen für deren Umsetzung zu schaffen und koordinativ zu wirken.“[9]
2.2. Abgrenzung des Themas: Führungsnachwuchskraft versus Topmanager
Führungsnachwuchskräfte sind i. d. R. sehr gut ausgebildete Hochschulabsolventen jeglicher Fachrichtungen, die am Anfang ihrer beruflichen Laufbahn stehen. Unternehmen rekrutieren häufig einen Pool von Führungsnachwuchskräften, um langfristig den Bedarf an hoch qualifizierten Führungskräften zu sichern. Die genaue Position steht dabei oftmals noch nicht fest, jedoch werden dem Führungsnachwuchs diverse Aufstiegsmöglichkeiten aufgezeigt.[10] Im Rahmen von Trainee-Programmen z. B. sollen potenzielle Führungskräfte über einen gewissen Zeitraum betriebsspezifisches Humankapital erwerben, bevor sie in entsprechende Führungslaufbahnen gebracht werden.[11] Ihre Laufbahn beginnt i. d. R. auf unterster Hierarchieebene und sie kann je nach individueller Möglichkeit des Kandidaten über verschiedene Entwicklungsstufen bis hin zu Management-Top-Positionen führen. Hinsichtlich des Bedarfes und der Rekrutierungsinstrumente bestehen Unterschiede zwischen Topmanagern und Führungsnachwuchskräften. Während Führungsnachwuchskräfte die zukünftige Verfügbarkeit von qualifizierten Humanressourcen garantieren sollen, werden Topmanager eher kurzfristig als Nachfolger aufgrund von Abgängen aus den Reihen des Top-Managements rekrutiert.[12] Der Beschaffungsweg steht ebenfalls in engem Zusammenhang mit der Hierarchiestufe der vakanten Position (vgl. Abb. 1 und 2).
3. Grundlagen der Prinzipal-Agenten-Theorie
Die Prinzipal-Agenten-Theorie ist ein Ansatz innerhalb der Neuen Institutionenökonomik,[13] in deren Mittelpunkt die Analyse von Institutionen (z. B. Verfügungsrechte, Hierarchien, Verträge, etc.) steht. Kernpunkt der Prinzipal-Agenten-Theorie ist die Institution des Vertrages zwischen zwei Nutzen maximierenden Wirtschaftssubjekten,[14] einem Auftragnehmer (Agent) und einem Auftraggeber (Prinzipal). Jensen/Meckling (1976) beschreiben eine Agency-Beziehung „…as a contract under which one or more persons (the principal(s)) engage another person (the agent) to perform some service on their behalf which involves delegating some decision making authority to the agent“[15]. Die Beziehung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber ist ein Beispiel für eine Agency-Beziehung.
Die Prinzipal-Agenten-Theorie basiert auf dem Modell eines unvollkommenen Marktes, der gekennzeichnet ist u. a. durch unvollständige Information und hohe Informationskosten.[16] Demgemäß ist auch die vertragliche Beziehung zwischen Prinzipal und Agent durch eine Informationsasymmetrie charakterisiert, die sich in drei Grundtypen manifestiert:
1) Der Prinzipal hat unvollständige Informationen über unbeeinflussbare Eigenschaften wie Begabung, Talent oder Qualifikation des Agenten (hidden characteristics).[17]
2) Der Agent hat einen Informationsvorsprung bzgl. der sachlichen Bearbeitung der Aufgaben und somit einen diskretionären Handlungsspielraum. Er kann willentlich sein Anstrengungs- und Sorgfaltsniveau beeinflussen. Der Prinzipal hat unvollständige Informationen über die Effizienz der Dienste des Agenten (hidden action).[18]
3) Der Agent nutzt den Handlungsspielraum willentlich in seinem eigenen Interesse aus. Der Prinzipal kann dieses zwar beobachten, aber nicht verhindern (hidden intention).[19]
Aus dem ersten Fall resultiert die Gefahr der adversen Selektion, d. h. einen unerwünschten Vertragspartner auszuwählen. Die Merkmale werden dem Prinzipal erst ex-post, d. h. nach Vertragsabschluss im Laufe der Vertragsbeziehung bekannt.[20] Ansätze zur Lösung dieses Informationsproblems bilden die Verfahren Signalling, Screening, Selbst-Selektion sowie Interessenangleichung, die im Kapitel 4.3. näher erläutert werden.
Im zweiten Fall, dem hidden-action-Fall, kann der Prinzipal nicht verifizieren, ob das Arbeitsergebnis von den Anstrengungen des Agenten abhängt oder aber auf Umwelteinflüsse zurückzuführen ist.[21]
Es besteht ein Interessenkonflikt zwischen Agent und Prinzipal: Der Agent beabsichtigt seinen Gewinn unter der geringstmöglichen Beanspruchung zu maximieren, während der Prinzipal seinen Gewinn nur maximieren kann, wenn der Agent seine Aufgaben bestmöglich ausführt. Dabei möchte er die Ergebnisbeteiligung möglichst gering halten. Der Prinzipal kann aber das Anstrengungs- bzw. Sorgfaltsniveau nicht oder nur verbunden mit hohen Kosten beobachten.[22] Opportunistisches Ausnutzen dieser Situation wird als moral hazard bezeichnet. Die Theorie empfiehlt hier Risikoverteilungs- bzw. Anreizsysteme zur Lösung des Problems.
Im Zusammenhang mit dem vierten Fall, dem hidden-intention-Fall, spricht man von der hold-up-Gefahr, wenn der Agent die Abhängigkeit des Prinzipals von den Diensten des Agenten zu seinen Gunsten ausnutzt. Der Agent nutzt Vertragslücken in seinem eigenen Interesse aus, was der Prinzipal zwar beobachten, aber nicht mehr verhindern kann.[23]
Die angesprochenen Problemkomplexe wirken sich nachteilig auf die Effektivität der vertraglichen Beziehung aus. Die Intention der Agency-Beziehung ist, durch Arbeitsteilung und Spezialisierung eine größtmögliche Produktivität und Nutzenmaximierung zu erreichen.[24] Nur unter der Prämisse des vollkommenen Marktes könnte das Vertragsverhältnis für beide Akteure Nutzen maximierend gestaltet werden. Die Agenturprobleme würden nicht existieren und es könnte hinsichtlich der Vertragsgestaltung die „First-best-Lösung“ realisiert werden. Die real existierenden Agenturprobleme lassen jedoch nur eine so genannte „Second-best-Lösung“ zu. Die Differenz zwischen der „First-best-Lösung“ und der „Second-best-Lösung“ wird als Agency-Kosten bezeichnet. Ziel ist es, „... durch das Finden der „Second-best-Lösung“, die der „First-best-Lösung“ am nächsten kommt“[25], die Agency-Kosten zu minimieren.
4. Informationsökonomische Analyse des Auswahlprozesses
4.1. Einleitende Erläuterungen
In den folgenden Ausführungen über den Auswahlprozess von Führungsnachwuchskräften steht das Problem der Qualitätsunsicherheit und der daraus resultierenden adversen Selektion im Vordergrund. Dabei geht es um Qualitätsunsicherheiten der auswählenden Instanz, die sich ausschließlich ex-ante offenbaren. Die Akteure in der folgenden Analyse sind ein Unternehmen bzw. dessen Management, das Führungsnachwuchskräfte rekrutieren möchte, und Hochschulabsolventen, die sich als potenzielle Führungsnachwuchskräfte auf die ausgeschriebenen Stellen des Unternehmens bewerben. Vereinfachend sollen die Akteure „Arbeitgeber“ (Prinzipal) und „Bewerber“[26] (Agent) genannt werden, bzw. „Arbeitnehmer“, wenn auf ex-post Situationen hingedeutet wird. In allen beschriebenen Situationen herrscht eine Informations-asymmetrie zuungunsten des Arbeitgebers.
4.2. Das Problem der adversen Selektion
Der Arbeitgeber hat üblicherweise die Auswahl zwischen verschiedenen Bewerbern zu treffen, deren Qualitätseigenschaften ihm zum Einstellungszeitpunkt teilweise noch nicht bekannt sind. Diese werden erst ex-post sukzessive aufgedeckt. Dabei handelt es sich zunächst um feststehende Eigenschaften der Bewerber, wie z. B. Begabung, Talent oder Qualifikation, die nicht kurzfristig beeinflussbar sind.[27] Hinsichtlich dieser Eigenschaften ist der Bewerber i. d. R. besser informiert aufgrund seiner Vergleichsmöglichkeiten während seiner bisherigen Ausbildung. Für den Arbeitgeber geht es jedoch um die Eignung des Bewerbers für bestimmte Arbeitsplätze, welche sich aus der Gegenüberstellung von Qualifikation und Arbeitsanforderungen ergeben (funktionale Anforderungen). Da der Bewerber keine genauen Kenntnisse über die Anforderungen der Stelle hat, könnte hier argumentiert werden, dass hinsichtlich der funktionalen Qualifikationen kein Informationsvorsprung besteht, sondern lediglich in Bezug auf die extrafunktionalen Fähigkeiten,[28] d. h. auf nicht stellenbezogene Fähigkeiten, wie z. B. Lernfähigkeit, Belastbarkeit, Teamfähigkeit, Kommunikationsfähigkeit etc. Da jedoch insbesondere diese Fähigkeiten von potenziellen Führungsnachwuchskräften erwartet werden und sogar notwendig sind, um den funktionalen Anforderungen gerecht zu werden, kann von einem Informationsvorsprung des Bewerbers hinsichtlich seiner Qualifikationen ausgegangen werden. Unsicherheit auf Seiten des Arbeitgebers besteht auch hinsichtlich der nicht feststehenden bzw. willentlich beeinflussbaren Eigenschaften der Bewerber. Im Hinblick auf das Informationsproblem hidden action, hat der Arbeitgeber ein Interesse daran, auch Verhaltensmerkmale wie Anstrengung, Fleiß oder Sorgfalt aufzudecken. Verhaltensmerkmale, die mit hidden intention assoziiert werden, sind z. B. Entgegenkommen, Kulanz oder Fairness.[29] Das Problem dieser Qualitätsunsicherheit[30] besteht in dem Risiko der adversen Selektion, d. h. einen nicht geeigneten Bewerber auszuwählen. Dieses hätte weitreichende Konsequenzen. Zum einen entstehen dem Unternehmen Kosten durch den Auswahlprozess und die Einarbeitung, sog. „sunk costs“[31], und zum anderen wäre nicht sichergestellt, dass die überdurchschnittlich hohen Kosten der hoch qualifizierten Arbeitskraft durch überdurchschnittliche berufliche Leistungen aufgewogen würden. Dem Auswahlprozess kommt die Aufgabe zu, durch gezielte Informationsakkumulation die Qualitätsunsicherheit des Arbeitgebers zu reduzieren, um so der Gefahr der adversen Selektion vorzubeugen. Es gilt dabei, die „Second-best-Lösung“ anzustreben, d. h. ein optimales Verhältnis zwischen den Kosten des Auswahlprozesses und der Qualität des Bewerbers zu finden.
4.3. Gestaltungsempfehlungen der Prinzipal-Agenten-Theorie
4.3.1. Signalling
Im Zuge von Anwerbungs- und Vorauswahlmaßnahmen steht dem Arbeitgeber ein begrenzter Bewerberpool zur Verfügung, der für weitere Tests vorgesehen ist. Aufgrund der Analyse von Bewerbungsunterlagen kann eine weitere Selektion erfolgen. Bestandteil der Bewerbungsunterlagen sind u. a. Zeugnisse, Referenzen und Zertifikate über den Bildungsabschluss. Diese sind Kernpunkt des folgenden Ansatzes, der auf Spence (1973)[32] zurückgeht. Der Grundgedanke ist, dass ein Stellenbewerber einem Arbeitgeber z.B. mit Hilfe eines Diploms oder Examens signalisieren kann, dass er über bestimmte, allgemein anerkannte berufliche Fähigkeiten verfügt. Dem Ansatz liegt die Annahme zugrunde, dass ein Zusammenhang zwischen einem guten Bildungsabschluss und guten Leistungen im Beruf steht.[33] Während der Ausbildungszeit entstehen für den Studenten Opportunitätskosten, die sich zusammensetzen aus direkten (z. B. Studiengebühren) und indirekten Ausbildungskosten, nämlich dem Einkommensverzicht in der Ausbildungszeit. Signale können aus folgenden Überlegungen einen Hinweis auf die Qualität eines Bewerbers liefern: Die Opportunitätskosten für den Erwerb eines hohen Bildungsabschlusses sind für Arbeitnehmer mit niedriger Qualität prohibitiv hoch, z. B. aufgrund des Zeitaufwands. Diese verzichten daher auf ein Signalisieren. Die Opportunitätskosten für Arbeitnehmer hoher Qualität hingegen sind so gering, dass sich ein Signalisieren für sie lohnt.[34] Bezogen auf die Rekrutierung von Führungsnachwuchskräften gilt zunächst festzustellen, dass ein Fach- oder Hochschulabschluss i. d. R. ein Ausschlusskriterium darstellt. Weitere Kriterien, die die Bewerber voneinander abgrenzen sind dann z. B. die Art des Abschlusses (z. B. Bachelor oder Master), Noten, die Dauer des Studiums, Praktika und/oder Auslandsaufenthalte. Um tatsächlich Bewerber mit hoher Qualität auszuwählen, sollte der Arbeitgeber weitere Ausschlusskriterien definieren. So sollten es solche Kriterien sein, die die meisten Bewerber hoher Qualität erfüllen und die meisten niedriger Qualität nicht. Vor dem Hintergrund, dass für Bewerber, die die verlangten Kriterien erfüllen, die Wahrscheinlichkeit sehr viel höher ist, ausgewählt zu werden und ein höheres Gehalt zu erzielen, sehen Bewerber niedriger Qualität von einer Bewerbung ab. Auf diese Weise findet durch das Aufstellen hoher Anforderungskriterien verbunden mit einem entsprechenden Lohnangebot eine Selbst-Selektion statt. Kritisch angemerkt werden sollte jedoch, dass sich durch Signale in Form von Bildungsabschlüssen nur die fachlichen Qualifikationen eines Bewerbers feststellen lassen. Es lässt sich außerdem nicht ausschließen, dass ein Bewerber statt einer breiten Wissensbasis nur ein sehr enges, prüfungsbezogenes Wissen erworben hat. Weiterhin erhält der Arbeitgeber keine Informationen über beeinflussbare Eigenschaften. Bezüglich der extrafunktionalen Eigenschaften könnte er lediglich aus außeruniversitären Aktivitäten Schlussfolgerungen ziehen: Aus ehrenamtlichen Tätigkeiten könnte auf Führungsfähigkeit, Verantwortungsgefühl und Teamfähigkeit geschlossen werden, aus Auslandsaufenthalten auf Eigeninitiative.[35] Aus den vorgenannten Gründen sollte die Signalling-Methode lediglich als Vorauswahlinstrument eingesetzt werden. Weitere Tests sind unerlässlich, um sicherzustellen, dass das Qualitätsniveau tatsächlich zu den Stellenanforderungen passt.
4.3.2. Screening
Im Gegensatz zum Signalling-Ansatz, bei dem der Bewerber versucht, die Informationsasymmetrien zu beseitigen, geht durch Screening-Verfahren diese Intention vom Arbeitgeber aus. Hier stehen dem Arbeitgeber verschiedene Instrumente (siehe Abb. 2) zur Verfügung, um seine Restunsicherheit zu reduzieren. Mit Hilfe dieser Screening-Instrumente kann der Arbeitgeber beobachtbare, mit der späteren Arbeitsleistung korrelierte Merkmale der Bewerber erheben und auswerten. Inwieweit die vorgestellten Screening-Instrumente tatsächlich eine zuverlässige Prognose über den Berufserfolg des Bewerbers leisten können, wird in der Literatur sehr kontrovers diskutiert. Im Rahmen dieser Arbeit soll dieses aber nicht weiter ausgeführt werden. Ein weiteres Screening-Instrument ist das Selbst-Selektions-Verfahren, das im folgenden Abschnitt beschrieben wird.
4.3.3. Selbst-Selektion und Interessenangleichung
Der Arbeitgeber kann versuchen, den Informationsvorsprung der Bewerber zu nutzen, indem er sie durch bestimmte Vertragsangebote dazu veranlasst, wahre Informationen über sich selbst preiszugeben. Dieses wird als Selbst-Selektions-Verfahren bezeichnet. Der Arbeitgeber bietet dem Stellenbewerber z. B. im Rahmen eines Interviews verschiedenartige Arbeitskontrakte an. Aufgrund der Auswahlhandlung des Bewerbers kann der Arbeitgeber auf bestimmte verdeckte Charakteristika schließen, wie z. B. die Produktivität oder die geplante Verweildauer im Unternehmen.[36] Ziel der Vertragsgestaltung ist, dass der Vertrag nur für Bewerber hoher Qualität attraktiv ist. Um Rückschlüsse auf die Produktivität des Bewerbers ziehen zu können, könnte der Arbeitgeber dem Bewerber die Wahl zwischen einem leistungsabhängigen Vertrag, der z.B. auf vorher festgelegten Zielvereinbarungen beruht, evtl. sogar Prämien oder Provisionen vorsieht, oder einem Zeitlohnvertrag ohne leistungsabhängige Komponente stellen. Geht man dabei davon aus, dass die Bewerber jeweils eine outside option besitzen, d. h. eine Alternativbeschäftigung in einem anderen Unternehmen mit entsprechender Vergütung wahrnehmen könnten, muss die erfolgsabhängige Vergütung so gestaltet sein, dass es für den Bewerber niedriger Qualität günstiger ist, sich für die outside option zu entscheiden, während für den Bewerber hoher Qualität das Angebot des Arbeitgebers lohnender ist.[37]
Problematisch bei diesem Verfahren ist jedoch, dass die Produktivität von Führungs(nachwuchs)kräften oftmals schwierig zu messen ist. Sie produzieren i. d. R. keinen quantitativen Output, der als Bemessungsgrundlage für die Entlohnung dienen könnte. Die Messung der Leistung erfolgt eher nach qualitativen Kriterien. Weiterhin ist es für potenzielle Führungsnachwuchskräfte schwierig, ihre Produktivität aufgrund geringer Vergleichsmöglichkeiten einzuschätzen.
Eine Alternative zur o. g. Methode ist, die Bewerber mit Hilfe der Probezeitregelung zu einer Preisgabe von Qualitätsinformationen ex-ante zu veranlassen. Offeriert der Arbeitgeber zunächst eine Probezeit mit einem relativ geringen Anfangsgehalt mit der Option, dass anschließend weiterbeschäftigte Arbeitnehmer eine entsprechend höhere Entlohnung erhalten, so können Bewerber mit einer geringeren als der verlangten Qualität davor abgeschreckt werden, die Bewerbung für die vakante Stelle aufrechtzuerhalten.[38] In der Probezeit würde also eine Art Pfand aufgebaut, das später durch eine höhere Entlohnung wieder an den Arbeitnehmer zu-rückgezahlt wird. Bewerber niedriger Qualität würden befürchten, die Probezeit nicht erfolgreich zu überstehen oder nach der Probezeit nur ein sehr geringes Gehalt zu erhalten.[39] Ein niedriges Anfangsgehalt aufgewogen mit wahrscheinlich hohen Opportunitätskosten während der Ausbildungszeit und die Aussicht auf ein niedriges Gehalt nach der Probezeit, sind für Bewerber niedriger Qualität in keiner Weise lohnenswert. Kritisch angemerkt werden muss auch hier, dass eine Selbsteinschätzung bezüglich der zukünftigen Berufsleistungen schwierig ist. Der Vorteil der Probezeitregelung ist jedoch, dass die Einstellungsentscheidung ex-post überprüft und ohne hohen Kostenaufwand ggf. revidiert werden kann. Hinsichtlich des Kostenaspektes ist diese Form der Selbst-Selektion für den Arbeitgeber sehr vorteilhaft, da die selektierten Stelleninhaber durch einen partiellen Lohnverzicht in den Anfangsmonaten die Testkosten quasi selbst tragen.[40]
Analog zu den oben beschriebenen Modellen kann z. B. auch eine Selbst-Selektion dadurch erfolgen, dass dem Bewerber Karrieren über sog. „Beförderungsturniere“ in Aussicht gestellt werden. D. h. nur die besten Arbeitnehmer werden auf höher entlohnte Positionen befördert.[41] Das Aufzeigen einer Gehaltsentwicklung kann dem Arbeitgeber aufschlussreiche Informationen über die geplante Verweildauer des Bewerbers im Unternehmen liefern.[42]
Es soll nun weiterhin überlegt werden, ob die oben beschriebenen Verfahren auch geeignet sind, um schon ex-ante weiteren Agenturproblemen vorbeugen zu können. Die Prinzipal-Agenten-Theorie beschreibt einen Interessenkonflikt zwischen den Akteuren, der in der beiderseitigen Nutzenmaximierung besteht. Leistungsbezogene Entlohnung gilt als eine Lösungsmöglichkeit, um moral hazard vorzubeugen. Für den Arbeitnehmer stellt diese Form der Entlohnung einen Anreiz dar, seine Anstrengungen auf die erfolgreiche Ausführung der Aufgaben zu konzentrieren. Entscheidet sich also ein Bewerber im Zuge eines Selbst-Selektions-Verfahrens für einen leistungsabhängigen Vertrag, so können gleich zweierlei wichtige Informationen aufgedeckt werden: Zum einen beurteilt sich der Bewerber hinsichtlich seiner Leistungsfähigkeit positiv, und zum anderen schließt er indirekt opportunistische Handlungsabsichten aus. Der Bewerber wird sozusagen ex-ante sensibilisiert, dass nur bei vollem Leistungseinsatz ein Erfolg versprechendes Arbeitsverhältnis zu Stande kommt. Somit kann der Arbeitgeber das durch das Anreizschema induzierte Verhalten des Arbeitnehmers „prognostizieren.“ Ausschlaggebend für das Realisieren dieser Selbst-Selektions-Strategien ist jedoch, dass die Ausprägung der Bezugsgrößen (z. B. Anzahl gewonnener Kunden, Kostenrückgang um x % etc.) der leistungsgerechten Entlohnung genau festgelegt wird und die Vorgaben auch erreichbar sind. Des Weiteren spielt auch die Risikoneigung des Bewerbers eine Rolle. Das Erreichen der Vorgaben ist oft abhängig von exogenen Einflüssen, auf die der Arbeitnehmer keinen Einfluss hat. Ist der Arbeitnehmer risikoavers, lehnt er leistungsbezogene Verträge ab oder verlangt eine Risikoprämie.
[...]
[1] Mittmann, J., Wunderer, R. (1983), S. 623ff.
[2] Vgl. Alewell, D. (1994), S. 58.
[3] Vgl. Rastetter, D. (1996), S. 8.
[4] Vgl. Oesterle, M.J. (2004), S. 791.
[5] Vgl. Welge, M. K. (1992), S. 938.
[6] Vgl. Eckardstein, D.v. (1971), S. 19.
[7] Vgl. Welge, M.K. (1992), S. 937.
[8] Ebenda, S. 937.
[9] Oesterle, M.J. (2004), S. 791, vgl. Gutenberg, E. (1979), S. 131ff.
[10] Vgl. Kuonen D., Friedli, V., Thom, N. (2002), S. 727.
[11] Ebenda, S. 725.
[12] Vgl. Schäfer, I. (2001) S. 86ff.
[13] Vgl. z. B. Kleine, A. (1996), S. 23ff.
[14] Vgl. Föhr, S. (1991), S. 125.
[15] Jensen, M.C., Meckling, W.H. (1976). S. 308.
[16] Vgl. Alewell, D. (1994), S. 58.
[17] Vgl. Spremann, K. (1990), S. 566.
[18] Ebenda, S. 569.
[19] Vgl. Alewell, D. (1993), S. 157.
[20] Vgl. Picot, A., Dietl, H., Franck, E. (2002), S. 88.
[21] Vgl. Kleine, A. (1996), S. 34.
[22] Vgl. Alewell, D. (1993), S. 211.
[23] Ebenda, S. 157.
[24] Vgl. Picot, A., Dietl. H., Franck, E. (2002), S. 91.
[25] Ebenda, S. 87.
[26] Vereinfachend soll nur die männliche Form benutzt werden, die aber im Folgenden beide Geschlechtsformen umfasst.
[27] Vgl. Alewell, D. (1993), S. 110.
[28] Ebenda, S. 113.
[29] Vgl. Spremann, K. (1990), S. 566.
[30] Ausgehend von dieser „Qualitätsunsicherheit“ wird im Folgenden von Bewerbern hoher/niedriger Qualität gesprochen.
[31] Sunk costs sind in diesem Zusammenhang irreversible, spezifische Investitionen, die bei einer Vertragsauflösung wertlos würden, vgl. Alewell, D. (1993), S. 156.
[32] Spence, M., (1973).
[33] Vgl. Backes-Gellner, U., Lazear, E.P., Wolff, B. (2001), S. 121.
[34] Vgl. Kräkel, M. (1997), S. 83.
[35] Vgl. Schäfer, I. (2001), S. 140.
[36] Vgl. Kräkel, M. (1997), S. 189.
[37] Vgl. Kräkel, M. (1993), S. 492ff.
[38] Vgl. Wolff, B. (2001), S. 145ff.
[39] Vgl. Alewell, D. (1993), S. 119ff.
[40] Vgl. Kräkel, M. (1997), S. 199.
[41] Vgl. u. a. Rosen, S. (1986), S. 701ff.
[42] Vgl. u. a. Salop, J., Salop, S. (1976), S. 619ff.